[Drei Frauen – ein Krieg]
Luzia Schmid | Deutschland, Italien 2022
Eine Dokumentation über Martha Gellhorn, Margaret Bourke-White und Lee Miller – drei amerikanische Journalistinnen und ihre Sicht auf den Zweiten Weltkrieg: Jede Perspektive, eine individuelle Einschätzung, eine individuelle Gefühlslage, die als Zeitzeugen-Dokument in dem gesellschaftlichen Fundus der Wahrnehmung das gesamtheitliche Bild der Ereignisse historisch mit einordnet.
Keine wollte wegsehen
Ein malerischer Himmel, über den die Bomber donnern. Auch die Musik zieht sich bedrohlich zusammen. 1940 war Martha Gellhorn die dritte Frau von Ernest Hemingway. Man muss ein Teil der Menschheit bleiben, wird sie schreiben, auch wenn sie intellektuell an ihr zweifelt. Niemand kann sich der Stimmung eines Krieges entziehen und es gibt Menschen wie sie, die die Atmosphäre dokumentieren: Sie liebt diese Arbeit, denn sie weiß, warum sie das tut.
1943 war eine „spannende und lehrreiche Zeit“. Furchtbar, in diesen Zeiten glücklich zu sein, aber sie ist ehrlich, sie ist es. Der Journalismus tut ihr gut, gibt ihr viel Nahrung für den Geist und die Augen. Sie vermisst Hemingway, den sie um Geduld bittet, auch wenn Einsamkeit für ihn die Hölle ist. Sie würde alles tun, um zu sehen, was in Deutschland gerade passiert. Als sie nach Kuba zurückkommt, findet sie Hemingway mit seinen Saufkumpanen zusammen vor. Die Beziehung der beiden erreicht den Tiefpunkt, als er beginnt, ebenfalls für COLLIER`S über den Krieg zu schreiben und ihr die Akkreditierung für den D-Day wegschnappt. Frauen sind im Krieg nur an Nebenschauplätzen gestattet. Aber es ist zu spät, um ihr Geschlecht zu ändern – obwohl sie damit bereits hadert, seit sie fünf Jahre alt ist. Sie schleicht sich trotzdem an die Front. Bevölkert von Schizophrenen sind die schönen Landschaften, schreibt sie: Niemand will etwas gewusst haben. Sie hofft, dass daraus alle etwas für die Zukunft lernen.
FAZIT
In der fragmentarischen Parallelmontage werden neben Martha Gellhorn auch die Blickwinkel von Lee Miller und Margaret Bourke-White zeitgleich mit erzählt, welche ein ebenso spannungsreiches Leben aufweisen können. Eine Generation von Frau (1940 war Martha Gellhorn 32 Jahre, Lee Miller 33 Jahre und Margaret Bourke-White 37 Jahre), – unterschiedlich und doch ähnlich in ihren Wegen –, die sich nicht nur gegen die Dominanz der Männer ihrer Zeit auflehnten, sondern auch für die Menschlichkeit arbeiteten, indem sie das Unmenschliche für die nächsten Generationen festhielten. Wo waren sie, als es begann und wo waren sie, als es endete? Eine Reflexion, warum der Wille zu einem Krieg überhaupt erst entstehen kann sowie eine Meditation über die Erfahrungen von Menschen, die sich immer wieder zu ähneln und zu wiederholen scheinen.
«Drei Frauen – ein Krieg» lief auf dem DOKfest München 2023 in der Rubrik BEST OF FESTS 2023 – und zuvor auf dem Internationalen Dokumentar Filmfestival Amsterdam (IDFA) 2022.
© Tina Waldeck 2023