[1341 Frames of Love and War]

Ran Tal | Israel, Vereinigte Staaten, Vereinigtes Königreich 2022


Alte Filmaufnahmen der Familie aus dem Jahr 1937 in Deutschland. Die Sprache lernte Micha Bar-Am von seiner Mutter, die ihm oft deutsche Märchen erzählte, auch wenn sein sechster Geburtstag bereits in Israel gefeiert wurde. Im Kibbuz Gesher begann der schüchterne Junge zu fotografieren, denn die Kamera war ein gutes Schutzschild, um näher zu kommen und doch auf Distanz zu bleiben.

Erfolg durch das Leid der Anderen

Später nahm er seine Kamera und begann zu reisen. Seine Fotos fanden ein Publikum und wurden veröffentlicht: auch die vom Eichmann-Prozess in Jerusalem. Ein historischer Moment jüdischer Geschichte. „Im Sinne der Anklage nicht schuldig“: Tumulte im Publikum. War es ein „normaler“ Arbeitstag, den Befehl zu geben, Menschen zu ermorden? Ein Abspalten von Gefühlen, das auch er in anderer Weise erleben wird: So manche Eindrücke von menschlichen Abgründen, die gesehen werden, müssen mühsam wieder abgeschüttelt werden. 


1341 Frames of Love and War © Ran Tal | Israel, Vereinigte Staaten, Vereinigtes Königreich 2022
1341 Frames of Love and War © Ran Tal | Israel, Vereinigte Staaten, Vereinigtes Königreich 2022

1967 fallen Bomben in Jerusalem und siegreiche Fäuste werden in die Höhe gereckt von Männern, „die ihre Maschinengewehre wie ein Talmud tragen“. Viele Kriegsschauplätze sind es geworden, – doch „keine Fotografie wird den nächsten Krieg verhindern.“ Im stetigen Kontrast zwischen Liebe und Krieg wird er auch seine Frau, die Künstlerin Orna Bar-Am, schwanger und bei der Geburt genauso schonungslos blutig dokumentieren.

Fazit

Das umfassende Porträt von Magnum-Fotograf Micha Bar-Am zeigt, wie viele emotionale Konflikte und Erinnerungen auf dem Weg zurückbleiben, wo er „wie in Trance einfach glücklich war, Fotos machen zu können.“ Die Reflexion erfolgte später – nicht im eigentlichen Augenblick. So zieht nun die Vielzahl von Fotografien wie im Schnelldurchlauf an dem dagegen klein wirkenden menschlichen Leben vorbei. Manchmal ist sein Gedächtnis nicht mehr korrekt und seine Frau korrigiert ihn: So werden jene Bilder zurückgespult und neu erzählt, die in dem spannungsgeladenen Schatten von historischen Kontexten und zeitgemäßen Spannungen liegen.



«1341 Frames of Love and War» lief auf dem Berlinale Special 2022 sowie auf dem Jüdischen Filmfestival Berlin & Brandenburg 2022 in der Sektion Wettbewerb Dokumentarfilm.


© Tina Waldeck 2022