[Concerned Citizen]

Idan Haguel | Israel 2022


Ein junger Mann atmet schwer, als er einen Baum in die Erde pflanzt. Szenenwechsel: Er liegt mit seinem Partner eng umschlungen im Bett. In der Morgenroutine werden auch die Blumen in der Wohnung gegossen. Die Idylle eines friedlichen Lebens – unterbrochen von Sirenen. Das Gebäude ist mit einem Code gesichert und der junge Mann verzieht das Gesicht, als er aus dem Fenster blickt: In seinen Augen lehnen sich zwei Männer äußerst respektlos an seinen Baum. Wütend ruft er die Polizei – schnell erklingen wieder Sirenen. Die gerufenen Ordnungshüter treten einem der Männer gegen den Kopf. „Das Arschloch“ ruiniert noch die schöne Nachbarschaft.

Harmlose Bürger

Harte Bässe im Fitnessstudio, wo andere ihn für sein Engagement für die Umwelt loben. Auch auf der Arbeit konstruiert er als Architekt weitere Pläne von idyllischen Orten zum Leben. Das schöne und gepflegte Äußere. Als er zurückkommt, liegt Scheiße im Hausflur. Wie kommt so eine Person, die so etwas tut, hier rein, nach zwei Türschlössern? Ein Freund im Haus erklärt ihm, dass er nach Berlin ziehen wird. Weiter oben im Treppenhaus weint eine Frau aus einer schwarzen Flüchtlingsfamilie: Der Mann ist gestorben. Vielleicht sollten er und sein Freund auch nach Berlin gehen? Christopher Street Day: Freiheit und Liebe. Auch nur eine Fassade, denn die Wirklichkeit sieht anders aus.


Filmbild aus Concerned Citizen ©Idan Haguel | Israel 2022
Filmbild aus Concerned Citizen ©Idan Haguel | Israel 2022

Fazit

Ein Mensch zwischen Täter- und Opferschaft, in dem Versuch, die Normen und eingefahrenen Ordnungsmuster so aufbrechen, dass die eigene Wunsch-Realität aufgebaut werden kann. Viele Teile des Films wurden von Regisseur Idan Haguel mit seinen Hauptdarstellern aus den eigenen Erfahrungen heraus improvisiert, auch das Apartment in Tel Aviv ist seines sowie die beiden Hauptdarsteller tatsächlich ein Paar sind. Die Filme EYES WIDE SHUT und WHOS AFRAID OF VIRGINIA WOOLF haben ihn dazu inspiriert, erzählt er bei der Premiere auf der Berlinale. 

Die größten Communitys in Tel Aviv sind die Schwulen und die Flüchtlinge, so wird auch Sinai in dem Film zweimal erwähnt: ein Zwischenschritt auf der Flüchtlingsroute. Was für die einen die Hölle auf Erden war/ist, ist für die anderen ein schöner Urlaubstrip. Da möchte er dafür sorgen, dass Menschen eigene Privilegien verstehen und hinterfragen. Denn wenn sie sich als Filmschaffende tief genug auf die relevanten Themen auf ihrem Gebiete konzentrieren, findet es auch ein Echo in der Welt: So trägt ihre Saat Früchte.



«Concerned Citizen» lief in der Weltpremiere auf der Berlinale 2022, wo Idan Haguel schon 2017 Teilnehmer der Berlinale Talents war. Der Film konnte ebenfalls auf dem Jüdischen Filmfestival Berlin Brandenburg 2022 in der Sektion Wettbewerb Spielfilm gesehen werden.


© Tina Waldeck 2022