[ Days of Bagnold Summer ]

Simon Bird | UK 2020


Auf einer Rolltreppe in einem Einkaufszentrum fährt die Mutter voraus, aufmerksam die Umgebung musternd, während der Sohn im Schlabberlook, auf sein Smartphone schauend, hinterher schlurft. Sie müssen zusammen Schuhe kaufen. Er findet alle hässlich, die sie ihm zeigt. Dabei sind die doch schwarz? Schwarz ja, aber eben keine Sneakers. Auf Hochzeiten ist so was ja auch nicht gern gesehen ... Genauso ungern gesehen wie Daniel im Allgemeinen, oder zumindest wie er sich fühlt. Sein Dad ist in Florida mit einer neuen, schwangeren Frau und damit bald einer neuen Halbschwester für Danny, – der es hasst, wenn sie ihn so nennen. Die Stimmung des Sohnes fällt noch weiter, als der geplante sechswöchige Urlaub in Florida von ihnen abgesagt wird. Jetzt muss er die Ferien allein mit seiner Mutter verbringen. Der Bibliothekarin: Ein bisschen lieb, ein bisschen verschroben, ein bisschen naiv.

Schon im hier endenden Vorspann lässt der Film keinen Zweifel, in welche Richtung die britische Komödie, die diesen Namen zu Ehren trägt, gehen wird.


Filmbild aus Days of Bagnold Summer ©Simon Bird
Filmbild aus Days of Bagnold Summer ©Simon Bird
Filmbild aus Days of Bagnold Summer ©Simon Bird
Filmbild aus Days of Bagnold Summer ©Simon Bird

Der Film basiert auf den gleichnamigen Debüt-Roman von Joff Winterhart. Simon Bird hat das Drehbuch adaptiert sowie Regie geführt und damit seinem ersten Langfilm eine eigene künstlerische Handschrift verliehen: Den trockenen Humor bekommt er dabei genauso gut hin wie die szenischen Aufbauten, die die Kontraste der heilen Kleinstadt mit den rebellischen Jugendlichen und deren Sorgen karikieren. Szenerien, die auch im Verlauf des weiteren Films mehr als nur einmal an die Bildaufteilung eines Roy Anderson denken lassen, – nur ohne das Morbide. Nett und harmlos wie die Kleinstadt und hin und wieder auch hart und abstoßend, wie die Jugendlichen in ihr, die verzweifelt ihre Selbstbestimmung suchen.

So versucht der Jugendliche mit der Anti-Einstellung ein typisches Durchbrechen der Norm und wird dabei immer wieder gedemütigt, bevormundet und nicht ernst genommen. Dabei hat man das Gefühl, Earl Cave spielt in seinem Debüt-Film völlig authentisch eine Einstellung, die er auch selbst kennt oder sich zumindest sehr gut hineinversetzen kann. „Get me away from here, i'm dying.“ Alles ist schrecklich. Er würde ja gerne Autofahren: Sie sagt doch immer, er solle neue Dinge ausprobieren? An so etwas Gefährliches hat sie dabei allerdings nicht gedacht, warum fängt er nicht erst einmal mit dem Probieren von Oliven an? Empfehlenswert ist es, den Film im Originalton zu sehen, um solche Szenen in dem charmanten britischen Englisch, besonders von Monica Dolan als Mutter Su, genießen zu können. Sie und Earl Cave geben in dem immer wieder di­a­log­las­tigen Schlagabtausch ein harmonisch unharmonisches Duo ab.

Dabei gibt der Regisseur den beiden – sowohl in ihrer Rolle einer typischen Bibliothekarin als auch in seiner Rolle als nicht positionierten Jugendlicher – wie in der Vorlage auch zwar etwas sehr Klischeehaftes, aber lässt die Rollen auch nie zu eindimensional wirken und verleiht den Figuren damit eine verborgene Tiefe, die sich im Laufe des Films immer weiter entwickeln und wachsen kann: Man lernt zusammen. In schlechten, aber auch in guten Momenten. Dabei fällt auch der Soundtrack positiv auf: Simon Bird verwendet Songs, die viel zur Atmosphäre und dabei auch immer unterstützend zu dem Kontrast der beiden Charaktere beitragen. Harmonische Klänge bei der Mutter, harte Bässe bei dem Sohn. Überlagerungen sowie Überschneidungen inklusive. Und hier lohnt es sich ebenfalls, einmal auf den Text zu achten.

Days of the Bagnold Summer konnte im Programm des LUCAS - Internationales Filmfestival für junge Filmfans mit dem „Award Best Feature Film 13+“ auch die junge Generation von sich überzeugen.


© Tina Waldeck 2020