––––––– Resilienzfilm –––––––
[Houses]
Veronica Nicole Tetelbaum | Deutschland, Israel 2025
Wie auf einer schwarz-weißen Magnum-Fotografie steht lange regungslos ein Auto in der Landschaft, während die Geräusche der Natur einsetzen und der Regen immer intensiver fällt. Eine Person steigt aus und verschwindet in ein leeres Gebäude, welches ebenfalls den Blick auf die Landschaft freigibt: Es ist nur ein anderes Dach über dem Kopf. Eine anders dominierte Atmosphäre.
Das Vermitteln eines inneren Leerstandes
Im Inneren: eine Matratze auf dem Boden, eine Glühbirne an der Decke und ein fragender Blick. Die Poetik des Abgerissenen. Selbst der Jalousien-Kasten kommt der Person entgegen. Etwas ist darin verborgen. Ein Buch? Eine Notiz? Ein Schnauben. Im Nebenraum laufen auf einem Fernseher die Aufnahmen eines Kindes, welches versucht, ein Gedicht vorzutragen. Sasha? Es seufzt, während der filmende Mann an dessen jüdischer Aussprache herummäkelt. Immer macht das Kind alles falsch. Wütend rennt es fort.
Aus den Erinnerungen flieht Sasha (Yael Eisenberg) zurück in die Realität, doch die Wirklichkeiten verweben sich beständig. In heterotopischen Spiegeln finden nicht nur Dialoge mit dem jüngeren Ich, mit der längst verstorbenen Großmutter und dem geliebten Hund, sondern auch mit noch lebenden Personen in zermürbender familiärer Sprachlosigkeit und noch immer entfremdeter Wut statt. Dazu kommt das Aufeinandertreffen mit einer Goldschmiedin, die jetzt in einer der Unterkünfte aus Sashas früherem Leben wohnt – und weitere Emotionen in Bewegung setzen kann. Ist es nur das Los der Immigration, dass die Familie so oft umgezogen ist?
FAZIT
Immer tiefer erkunden wir mit Sasha das fragile Gebäude ihres Lebens. Auf der Suche nach einer eigenen Position und Stabilität, nach und nach das vollständig verletzende Trauma aufdeckend, erleben wir eine sensible Slow-Cinema-Ästhetik, viele Szenen weich gezeichnet, als Kontrast gegen die inhaltliche Härte des Lebens. In welchem Körper, in welchem Haus, in welcher Situation und in welchem Land muss gelebt werden? Es ist eine schwierige Phase, nicht nur für Sasha, sondern auch für jene Filme, die den jüdischen Ton in sich tragen und sich mit dem Thema der Heimat beschäftigen. Das gebrochene Entwicklungsstadium des Landes, das natürlich subtil mitschwingt, wird dabei mit und durch die non-binäre Hauptfigur in der Identitätssuche gleich doppelt visualisiert. Die Produktion schmerzt mit dem Wissen um die Realität gleich noch mehr – aber kann filmisch mit diesem Schmerz enorm wachsen.
«Houses» hatte die Weltpremiere im Forum der Berlinale 2025 und wurde von der Autorin auf dem Lichter Filmfest Frankfurt International 2025 gesichtet.
© Tina Waldeck 2025