––––––– Resilienzfilm –––––––



[Soldaten des Lichts]

Julian Vogel & Johannes Büttner | Deutschland 2024


23.000 Menschen gibt es, die zwar in Deutschland leben, aber das Land nicht als souveränen Staat, sondern als besetztes Territorium seit 1945 ansehen. Der Film dokumentiert die Gruppierung „Königreich Deutschland“ (KRD), die erst am 14. Mai 2025 von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt verboten worden ist.

„Nur die dunkle Seite hat Angst vor uns“

Dreh- und Angelpunkt ist dabei der in Frankfurt am Main beheimatete „Mr. Raw“ alias „Doctor Raw“. Er startet direkt live damit, dass sein YouTube-Kanal gesperrt worden ist. Er hat aber einen Backup-Kanal, natürlich, er ist ja ein Profi, und er hat TikTok, wo er direkt seine Fans darüber informieren kann. Auch darüber, dass ein Filmteam gerade vor Ort ist, und dieser Film bald bei den Filmfestivals zu sehen sein wird! Alles wird direkt in sein neues Marketingkonzept integriert.

Zwischendurch berät er eine krebskranke Frau und ihren Sohn: „Der Krebs stirbt bei Temperaturen über 42 Grad ab“ – zwar geht es ihr augenblicklich sehr schlecht und sie muss sich von seinen Wildkräutersäften ständig übergeben, aber das ist ein gutes Zeichen, beschwichtigt er sie. Menschen lassen sich doch immer von Menschen beraten und somit manipulieren, egal ob das nun die Familie oder Freunde oder anerkannte Ärzte der BRD sind, – oder eben er. So gibt er auch Timo ein Zuhause, d. h. freie Kost und Logis, während dieser für ihn 8–10 Stunden arbeiten darf, das ist ja auch gut für ihn, da kommt er nicht auf dumme Gedanken. Timo hört nach einer Psychose Stimmen. Durch seinen Fleischkonsum haben „Würmer die Kontrolle über seinen Darm übernommen“. Von fremden Mächten gesteuert zu sein, das zieht sich durch die Ansichten aller hier.


Filmbild aus Soldaten des Lichts © Julian Vogel & Johannes Büttner | Deutschland 2024
Filmbild aus Soldaten des Lichts © Julian Vogel & Johannes Büttner | Deutschland 2024

Eine „Geisteshaltung“, die verbindet

Peter der I. wird aus ganz Deutschland angeschrieben, erklärt er im Interview genauso selbstgefällig wie „Geistheiler Sananda“, der die „echten Menschen“ mit nur 13 % beziffert – und diese sind jene, die mit ihnen auf einer Wellenlänge sind: Nur sie sehen die Wahrheit mit den Anweisungen aus der Geisterwelt, nach denen sie handeln. Als die Fassaden des Vereinsheims mit „Faschos, verpisst euch“ beschmutzt werden, filmt „Mr. Raw“ direkt davor: Was bedeutet „Reichsbürger“ eigentlich? Sie sorgen sich doch nur um die Gesundheit aller! Das Wort „rechts“ kommt ja ursprünglich von „Recht“, so wie das Wort „links“ von „du bist link“ kommt. Sie lachen – und tauschen sich über ihre Gerichtsurteile aus: Im KRD ist alles rechtmäßig und sie sind ja nicht in der BRD. Jene in der BRD haben doch keine Ahnung, wie das Leben funktioniert: Haben die Spaß, gute Laune, ein Sixpack und Geld? Niemand, der das nicht hat, kann ihnen etwas erzählen.

FAZIT

Der Dokumentarfilm zeigt die unangenehmen Parallelwelten, in denen sich Menschen eine Existenz, ein Imperium in hieratischen Machtgefällen aufbauen. Jene, die eine Fassade von Sozialverhalten stetig missbrauchen und die Angst anderer Menschen für ihre eigenen Zwecke ausnutzen. Warum sich nun mit solchen Selbstdarstellern beschäftigen? Warum ihnen noch eine Bühne bieten – diese Frage ist nicht erst seit Donald Trump präsent. Doch es muss eher als Schulung für die eigenen Menschenkenntnisse erkannt werden, um die subtilen Stimmungen dazwischen zu verstehen: Wenn in den ruhigen Aufnahmen passiv-aggressiv Türen geschlossen werden. Wenn der KFW-Mechaniker sich sicher ist, dass die Erzählung vom Holocaust „zum Himmel stinkt“. Wenn die AFD als die einzige Alternative gelobt wird, bis auch die Person aus der ANTIFA plötzlich zweifelt. Hinhören und hinsehen bei jener bunten Mischung aus Ansichten, die nicht einfach ignoriert werden dürfen und gegen die aktiv gearbeitet und kommuniziert werden muss. In diesem Sinne machen Regisseur Julian Vogel und Co-Regisseur Johannes Büttner alles richtig: Insbesondere ab der Mitte des Films, wo sich die Nahaufnahmen immer öfters auf Timos verkrampftes Gesicht fixieren und aktiv die Kommunikation mit dessen Eltern gesucht wird. Es entzwirbelt sich die Realität in tatsächlicher Menschlichkeit – und mündet am Ende in einem aufrichtigen Entsetzen, wo solche Wege hinführen können.


«Soldaten des Lichts» lief auf dem DOK.fest München 2025 im Wettbewerb der Selektion DOK.deutsch.


© Tina Waldeck 2025