[The Survival of Kindness]

Rolf de Heer | Australien 2022


Gasmasken, unter denen kaum verständliche Sätzen genuschelt werden. Aber manche Gesten brauchen keine Worte: Abwertend gehen Männer an einem Käfig vorbei, in welchem eine schwarze Frau mit starrer Miene auf und ab geht.


Filmbild aus The Survival of Kindness ©Rolf de Heer | Australien 2022
Filmbild aus The Survival of Kindness ©Rolf de Heer | Australien 2022

Sie rüttelt an den Stäben des Gefängnisses und schaut in die Weite des Himmels hinauf; rollt sich nachts zitternd zusammen. Ein Dasein, mit welchem sie zurechtkommen muss. Eine Ameise besucht sie und krabbelt auf ihrem regungslosen Gesicht entlang. Auch andere kommen von einer anderen Arten-Kolonie. In den Revierkämpfen suchen die einen die Schwachstellen des anderen Systems: Die toten und entkräfteten Ameisen bleiben zurück, während die Sieger wieder emotionslos hinter ihre Steine verschwinden. Die Frage nach dem Warum und Wieso stellt sich im Tierreich auch nicht. 

Die Bedeutung von bedeutungslos

Verbissen suchend nach einem Ausweg, bringt diese Analogie des Daseins nur weitere Ziellosigkeiten zutage. Wenn die Freiheit erreicht ist, was tun? Sie steht oben auf einem Felsen. Ihr Weinen und Schreien hallt im Raum nach, während sie sich schon längst zusammengerissen hat und weiter geht, – immer weiter geht. Auf dem Kreislauf der Menschlichkeit müssen Menschen liegen – viele liegen im Weg. Kleidung wechselt die Position, manches passt, anderes nicht. Doch wesentlich ist die Tarnung: In der eigenen Identität nicht erkannt werden, um zwischen den leeren Fassaden der anderen Art zu überleben. Die Frage nach dem Warum und Wieso stellt sich auch bei den Menschen nicht.



FAZIT

Mit vielen Gedankenspielen schafft es der Filmemacher, die wandernden Emotionen mit den Menschen (im Film) zu begraben – und immer wieder auferstehen zu lassen. Menschlichkeit ist Arbeit, schwer und hart. Unter dem Deckmantel von stetiger Gefahr erscheint die „Nettigkeit“ nur mit Hintergedanken und Eigennutz wie eine Fata Morgana am Horizont. Gesellschaft birgt immer die Möglichkeit, verraten zu werden – die Zweckgemeinschaften entstehen nur aus einem gemeinsamen Nenner heraus: Ein Stück zusammen sicherer zu laufen. Das klingt insgesamt frustrierend und ist es auch manchmal zu sehen – und doch bleibt es fesselnd, mit der Verschiedenheit der Wesen. In einem Szenario, wo es nur kleine Lichtblicke gibt: Die Momente des Zusammenhalts, der Ehrlichkeit und des miteinander Lachens – diese halten (nicht nur im Film) den Gang aufrecht.


«The Survival of Kindness» lief im Wettbewerb der Berlinale 2023 und gewann hier den FIPRESCI Kritiker Preis. 


© Tina Waldeck 2023